Gibt es in Deutschland eine Immobilienblase?

Eine Immobilienblase ist eine Form einer Spekulationsblase. Hierbei kommt es auf einem nutzungsspezifisch abgegrenzten Teilsegment des Immobilienmarktes zu einer deutlichen Überbewertung von Immobilien. Doch was führt zu dieser Überbewertung?

Die Gründe sind mannigfaltig. Niedrige Kreditzinsen und darüber hinaus weitgehende steuerlich Anreize veranlassen – sowohl auf dem Privatsektor als auch im Bereich des Immobilieninvestments – eine erhöhte Nachfrage, die den Markt mit rasch ansteigenden Preisen reagieren lässt.

Früher oder später erreicht der Markt einen Höchststand; dann fallen die Preise. Meist fallen sie in relativ kurzer Zeit stark, weil potentielle Käufer mit fallenden Preisen rechnen und Banken nicht mehr freigiebig wie zuvor Kredite vergeben; das Angebot steigt, weil Eigentümer eine Baisse befürchten und „Kasse machen“ wollen, bevor die Preise weiter sinken.

Folgende Symptome zur Feststellung einer Immobilienblase können als typisch angenommen werden, wobei besonders betont werden muss, dass nicht alle Symptome zusammen auftreten müssen, sich jedoch landesweit und nicht nur auf einzelne Regionen darstellen:

Überbewertung
Der Marktwert von Immobilien übersteigt ihren Sachwert deutlich. Dies lässt sich zum Beispiel an einem schlechten Kaufpreis-Mieten-Verhältnis ablesen.

Ungebremster Preisanstieg
Die Immobilienpreise steigen abgekoppelt von der Inflation und den Durchschnittseinkommen immer weiter an.

Schlechte Kredite
Die Kredite werden zunehmend an Personen mit schlechter Kreditwürdigkeit vergeben.

Käufer spekulieren
Der Kreditnehmer kauft beispielsweise eine renovierungsbedürftige Immobilie, saniert sie und verkauft sie danach. Der Käufer spekuliert gezielt auf steigende Immobilienpreise.

Überschuldung der Haushalte
Der Kreditnehmer kann die monatliche Rate nicht mehr bedienen und muss die Immobilie verkaufen.

Zu geringe Bautätigkeiten
Weder der Kaufmarkt noch der Mietmarkt erfahren Entspannung, weil zu wenig gebaut wird.

Unattraktive Geldanlagen
Aufgrund niedriger Sparzinsen ist für Privatanleger ein Immobilieninvestment eine attraktive Alternative. Somit drängen immer mehr Interessenten in den Markt, während die Immobilien-Angebote schrumpfen.

Ein zu starkes Wirtschaftswachstum
Je schneller das Bruttoinlandsprodukt wächst, umso mehr begünstigt es das Entstehen einer Immobilienblase. Je mehr kaufkräftige Immobilienkäufer es gibt, desto größer ist die Nachfrage.

Diverse Faktoren können dann dazu führen, dass die unter den genannten Faktoren entstandene Blase dann platzt. Auch hierbei reicht schon ein einzelner Grund aus, die Reaktion auszulösen:

Steigende Zinsen
Hebt die EZB den Leitzins an, steigen auch die Bauzinsen. Finanzierungen werden teurer und treffen auf überhöhte Preise. Weniger Menschen können sich eine Immobilie leisten. Die Nachfrage lässt abrupt nach.

Steigende Bautätigkeiten
Wird in Deutschland auf einmal sehr viel gebaut, sodass das Immobilienangebot die Nachfrage übersteigt, können die Preise für Immobilien rapide sinken.

Unwillige Interessenten
Sobald Käufer die Preise als zu hoch empfinden, verlieren sie das Interesse. Die Nachfrage nach Immobilien sinkt und die Preise geben nach.

Banken verschärfen die Kreditvergabe
Steigen die Immobilienpreise weiter und können Käufer dies nicht mehr durch genügend Eigenkapital abfedern, bewilligen Banken keine Kredite mehr. Das Geschäft wäre für sie zu risikoreich.

Überschuldete Haushalte und Kreditnehmerpleiten
Kreditnehmer können Kredite nicht mehr bedienen, weil sie sich übernommen haben. Schon ab der zweiten Monatsrate, die nicht geleistet wird, wird in der Regel eine Zwangsversteigerung in Gang gesetzt.

Bankenpleiten
Zu viele Zwangsversteigerungen können eine Welle von Bankenpleiten auslösen. So geriet beispielsweise 2008 der Immobilienmarkt in den USA ins Taumeln, 25 Geschäftsbanken mussten schließen.

Was passiert beim Platzen einer Immobilienblase?

Am Ende einer Immobilienblase erreichen die Immobilienpreise ihren Höhepunkt, anschließend fallen sie abrupt. Es entsteht also eine Abwärtsspirale, die sich in etwa folgendermaßen skizzieren lässt:

Durch die nicht mehr vorhandene Nachfrage sinken die Immobilienpreise in kürzester Zeit rapide, Verkäufer bekommen nicht mehr den Preis, den sie einst gezahlt haben und bleiben unter Umständen auf Schulden sitzen.

In dieser Phase platzen auch Anschlussfinanzierungen, weil der Wert der Immobilie nicht mehr mit der benötigten Darlehenshöhe korrespondiert. Um dieses gestiegene Risiko abzufangen, verlangen Banken mehr Eigenkapital und höhere Zinsen, die Monatsraten steigen.

Immobilienbesitzer haben dann zu viel Kredit für zu wenig Immobilie aufgenommen und können die höheren Raten nicht mehr bedienen.

Es kommt zu Zwangsversteigerungen, mitunter auch zu Panikverkäufen durch Immobilieneigentümer.

Investoren ziehen sich vermehrt aus Immobilien zurück.

Ein Überangebot an Immobilien schwämmt den Markt.

Die Preise sinken, noch mehr Finanzierungen platzen, und im Verhältnis zum Angebot sinkt die Nachfrage immer weiter.

Zur Feststellung ob zur gegenwärtigen Zeit eine Immobilienblase herrscht und ob diese in nächster Zeit sogar zu platzen droht, werden in der Folge Ursachen und Symptome bewertet:

Gegen die Annahme spricht:

Die Banken vergeben Immobilienkredite hierzulande nur unter strengen Voraussetzungen wie z.B.  durch Überprüfung der Kreditfähig- und würdigkeit, Begrenzung des Kreditbetrags und Feststellung eines entsprechenden Gegenwertes.

Die Qualität der Baufinanzierungen ist solide.

Bei den momentan herrschenden hohen Preisen für Immobilien ist festzustellen, dass zwar in den in den Ballungsgebieten sogenannte Preisüberhitzungen festzustellen sind, dies sich jedoch eben nicht flächendeckend so darstellt.

Eine ausschlaggebende Überschuldung der Haushalte ist nicht festzustellen. Die Zahl der überschuldeten Bürger*innen liegt noch beruhigend unter dem Höchststand von 2007

(Quelle: Statistisches Bundesamt)

Auch ein hohes Wirtschaftswachstum ist in den kommenden Jahren eher nicht zu erwarten. Gerade durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist ein Erreichen des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2019 erst Anfang 2023 zu erwarten.

(Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsförderung -DIW)

Doch es gibt auch Gründe, die für ein Entstehen eine Immobilienblase sprechen:

Sowohl die andauernd niedrige Zinspolitik der EZB als auch politische Entscheidungen wie das Verlängern der Baukindergeldes und andere staatliche Anreize und Subventionen fördern den Wunsch nach den eigenen vier Wänden und damit die Nachfrage am Markt.

Die Niedrigzinspolitik verhindert auch ein Ausweichen in andere Märkte, weshalb vermehrt Investoren ihr Kapital in Immobilien anlegen und damit die Preise anziehen lassen.

Nach wie vor steigen die Preise für Wohnimmobilien sowohl in den Ballungsgebieten, als auch auf dem Land, das durch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Stichwort „Home-Office“, auch an Attraktivität gewinnt. Regulierende, ansteigende Bautätigkeiten der öffentlichen Hand sind nicht zu verzeichnen, Wohnraum wird knapp bleiben.

Fazit:

Auch wenn einige Punkte für die Entwicklung einer Immobilienblase festgestellt werden können, ist nicht zuletzt aufgrund der Solidität der Finanzierungen, des ausbalancierten Verhältnisses von Kaufpreis zu Mieten sowie der Finanzierungsstrukturen durch einen ausreichenden Anteil an Eigenkapital, lange Zinsbindungen und hohen Tilgungssätzen, davon auszugehen, dass wir vom Erreichen oder gar Platzen einer Immobilienblase noch weit entfernt sind.

Denn die Nachfrage bestimmt das Angebot und steigende Preise allein machen noch keine Immobilienblase.

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